Neue Broschüre: Krieg und Frieden in der kapitalistischen Internationale

31. Mai 2022

Unsere neue Broschüre „Krieg und Frieden in der kapitalistischen Internationale“ (ca. 136 Seiten) von Soziale Befreiung ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

I. Die kapitalistische Internationale und das Weltproletariat
1. Das globale Kapitalverhältnis
2. Kapitalistische Globalisierung
3. Das Weltproletariat
4. Die internationale institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung
5. Die Notwendigkeit einer globalen antipolitisch-sozialrevolutionären Strömung
6. Die mögliche Weltrevolution

II. Allgemeine Betrachtung über Krieg und Frieden
1. Krieg und Frieden innerhalb des Weltkapitalismus
2. Kooperation und Konkurrenz in der kapitalistischen Internationale
3. Krisendynamik, Krieg und Klassenkampf

III. Der Krieg in der Ukraine
1. Vorgeschichte und BürgerInnenkrieg
2. Der russische Angriffskrieg
3. Der indirekte Krieg des westlichen Imperialismus gegen Russland
4. Internationale Reaktionen und Folgen
5. Die Mobilmachung der deutschen Nationaldemokratie
6. Klassenkampf gegen den Krieg!
7. Die Kriegs- und Friedenslinke des Kapitals

Vorgeschichte und BürgerInnenkrieg

Der erste Kalte Krieg endete mit dem nationalistischen Zerfall der Sowjetunion Ende 1991, aus dem Russland als größter Nachfolgestaat hervorging. Der Westen intervenierte gegen den Widerstand Russlands imperialistisch in Jugoslawien, er unterstütze alle innerjugoslawischen Nationalismen die gegen den serbischen Nationalismus, der unter jugoslawischer Maske agierte, gerichtet war. So wurde Jugoslawien nationalistisch-imperialistisch in sieben Nationalstaaten zerschlagen. Durch den imperialistischen Krieg von 1999 half die NATO der albanisch-nationalistischen UÇK die ehemalige serbische Provinz, die vorwiegend von „AlbanerInnen“ bewohnt war, abzuspalten. Ab 2008 ist der Kosovo ein „selbständiger“ Nationalstaat, dessen politische Unabhängigkeit von Serbien von EU und NATO unterstützt wurde. SozialrevolutionärInnen mussten währen der Jugoslawien-Kriege in den 1990er Jahren alle Nationalismen, Jugoslawien und den westlichen Imperialismus bekämpfen.

Der westliche Imperialismus nutzte die sozialökonomische und politische Schwäche Russlands während der Transformationskrise der 1990er Jahre auch zur expansiven Ostausdehnung seiner Bündnissysteme EU und NATO. So traten am 12. März 1999 Tschechien, Polen und Ungarn der NATO bei. Am 29. März 2004 folgten Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien, Slowakei und Slowenien. Der Beitritt von Albanien und Kroatien am 1. April 2009 zum westlichen Militärbündnis war imperialistischer Ernst, aber kein Aprilscherz. Montenegro trat am 5. Juni 2017 der NATO bei. Am 27. März 2020 wurde auch Nordmazedonien Teil dieses imperialistischen Kriegsbündnisses. Russland lehnte die Osterweiterung des westlichen Militärbündnisses von Anfang an ab, konnte sie aber realpolitisch nicht verhindern. Die Osterweiterung der EU erfolgte in folgenden Schritten: Am 1. Mai 2004 traten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien sowie Ungarn bei. Es folgten am 1. Januar 2007 Bulgarien und Rumänien. Die imperialistische Osterweiterung von NATO und EU schränkte die Macht des russischen Imperialismus stark ein. Schließlich war Osteuropa davor die Einflusszone des sowjetischen Imperialismus, die sich Moskau im Zweiten Weltkrieg erobert hatte.
Doch die imperialistische Ostexpansion von EU und NATO stieß bereits im Jahre 2008 in Georgien auf die erbitterte Gegenoffensive des russländischen Imperialismus. Das nun privatkapitalistische Russland hatte seine Transformationskrise überwunden und konnte sich wieder stabilisieren. Georgien ging genau wie Russland aus dem nationalistischen Zerfall des sowjetischen Imperialismus hervor. Allerdings gab es auch in Georgien nationalistischen Zank. So spaltete sich bereits 1990 Südossetien faktisch von Georgien ab, was aber von den meisten Staaten nicht anerkannt wurde, weshalb es völkerrechtlich als Teil der georgischen Nation gilt. 1990 wurde dieser Streit zwischen Georgien und Südossetien auch militärisch ausgetragen, wobei Russland auf Seiten Südossetiens intervenierte. Im Juni 1992 schlossen Russland und Georgien ein Waffenstillstandsabkommen, aufgrund dessen „Friedenstruppen“ – wieder einmal trat der imperialistische Frieden bewaffnet auf, anders ist er auch gar nicht zu haben –, bestehend aus georgischen, südossetischen und russischen Soldaten, in Südossetien stationiert wurden. In der Nacht vom 7. zum 8. August 2008 versuchte der inzwischen prowestliche georgische Imperialismus, der Richtung NATO strebt, Südossetien militärisch zurück zu erobern, wobei es auch zu Gefechten mit den russischen „Friedenstruppen“ kam. Nun schlug der russische Imperialismus militärisch zurück. Innerhalb von fünf Tagen nahmen russische Truppen Südossetien ein und rückten auf georgisches Staatsgebiet vor. Das prowestliche Georgien fuhr eine erhebliche Niederlage ein. Der russische Imperialismus erkannte am 26. August 2008 dann auch Südossetien und Abchasien – ein weiteres Gebiet, dass sich faktisch von Georgien abgespalten hatte, aber von den meisten Staaten nicht als eigenständiges politisches Subjekt anerkannt wurde – als unabhängig von Georgien an. So wie der westliche Imperialismus die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien anerkannte. Das imperialistische Eingreifen des Kremls in Georgien führte aber nur zu einer kurzen Verstimmung zwischen dem Westen und Russland.
Im Streit um die Ukraine ab 2013 entzündete sich der zweite Kalte Krieg zwischen Russland und dem Westen. Die Ukraine lavierte lange zwischen der EU und Russland. Ab einem bestimmten Punkt war dieses Lavieren nicht mehr möglich, weil jedes Lager sie im alleinigen Einflussgebiet haben wollte. Moskau wollte die Ukraine gerne in den vom russischen Imperialismus dominierten eurasischen Wirtschaftsblock integrieren. Das war die Zollunion aus Russland, Belarus und Kasachstan. Die EU wollte mit der Ukraine ein Assoziierungsabkommen abschließen, um sie wirtschaftlich vollständig zu dominieren. Doch das Janukowitsch-Regime entschied sich, auch wegen Druck aus Russland, im November 2013 dieses Abkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen. Die EU und die USA unterstützten anschließend eine sozialreaktionäre Protestbewegung auf dem Maidan gegen Janukowitsch. Diese bestand aus einem prowestlich-neoliberal-demokratischen und einem ultranationalistisch-faschistischen Flügel. Wir bezeichnen die Maidan-Bewegung deshalb als demokratisch-faschistische Sozialreaktion. SozialrevolutionärInnen bekämpften sowohl das Janukowitsch-Regime und den Kreml als auch den westlichen Imperialismus und die prowestlich-nationalistische Opposition in der Ukraine. Letzterer gelang Ende Februar 2014 das Janukowitsch-Regime zu stürzen und durch ein prowestliches zu ersetzen. Dieses neue prowestliche Regime wurde von der NATO systematisch aufgerüstet. Am 21. März 1914 unterzeichneten die EU und die Ukraine den politischen Teil des Assoziierungsabkommens und am 27. Juni 2014 das Abkommen selbst.
USA und EU waren sich ab 2013 in der Gegnerschaft zum Janukowitsch-Regime und zu Moskau sowie in der tatkräftigen Unterstützung der Maidan-Bewegung einig, aber sie konkurrierten auch gegenseitig um Einfluss in der Ukraine. Während der deutsche Imperialismus, der ökonomisch die EU dominiert, den Ex-Boxer Witali Klitschko unterstütze, der nach dem politischen Machtwechsel Bürgermeister von Kiew wurde, sponsorte Washington Arsenij Jazenjuk, dem späteren Ministerpräsidenten der Ukraine. Die USA zeigten Berlin mal wieder die lange Nase.
Moskau ging nach dem Sturz von Janukowitsch zur Gegenoffensive über. Der russländische Imperialismus annektierte im März 2014 die ukrainische Halbinsel Krim als Stützpunkt seiner Schwarzmeerflotte und unterstützte im ukrainischen BürgerInnenkrieg ab April dieses Jahres die prorussischen „Volksrepubliken“ – auch nach ihrem geographischen Ort „Donbass-Republiken“ genannt – Donezk und Lugansk. Diese waren Ausdruck der mentalen Spaltung der ukrainischen Bevölkerung. Im Westen des Landes war diese eher prowestlich und ukrainisch-nationalistisch, was sie zur Manövriermasse der inländischen demokratisch-faschistischen Maidan-Sozialreaktion und des westlichen Imperialismus machte, aber im Osten eher prorussisch, was von Moskau genutzt wurde. Die „Volksrepubliken“ waren aber kein Kunstprodukt des russischen Imperialismus, sondern entstanden aus der inneren Dynamik des beginnenden BürgerInnenkrieges zwischen ukrainisch-nationalistisch-prowestlichen und prorussischen Kräften. SozialrevolutionärInnen mussten in diesem BürgerInnenkrieg überall auf der Welt sowohl das prowestliche Regime in Kiew als auch die prorussischen „Volksrepubliken“ bekämpfen.
Der BürgerInnenkrieg in der Ukraine war von Anfang an auch ein Stellvertreterkrieg zwischen dem westlichen und dem russischen Imperialismus. Das Kiewer Regime war auch ohne formelle Mitgliedschaft in EU und NATO fest in den westlich-imperialistischen Block integriert, während die „Donbass-Republiken“ vom Kreml politisch, finanziell, wirtschaftlich und militärisch unterstützt wurden. Am 14. April 2014 wurde auf der Website des ukrainischen Präsidenten der Ukas 405/2014 veröffentlicht. In diesem wurden die ukrainischen Streitkräfte zu einer „antiterroristischen Operation“ gegen die „Volksrepubliken“ aufgerufen. Anfang Mai 2014 setzte der ukrainische Staat gegen die von der „Volksrepublik Donezk“ kontrollierte Stadt Slawjansk zum ersten Mal Artillerie ein. Wochenlang wurde die Stadt beschossen.
Anfang Juli 2014 begann der ukrainische Staat eine Militäroffensive gegen die „Donbass-Republiken“. Das ukrainische Militär war natürlich besser ausgerüstet und ausgebildet als die „Volksfreiwilligen“ des Donbass. So gelang den Streitkräften des Kiewer Regimes im Juli 2014 einen Großteil der Gebiete der „Volksrepubliken“ zurück zu erobern. Doch dann griff der russische Imperialismus in den BürgerInnenkrieg ein. Moskau entsandte in einer geheimen Aktion Militär in den Donbass, um eine Niederlage der „Volksrepubliken“ zu verhindern. Für den russischen Imperialismus kämpften in der Ukraine gut ausgebildete SoldatInnen ohne Hoheitsabzeichen. Die Kreml-Propaganda sprach von Genozid des ukrainischen Regimes an der Donbass-Bevölkerung.
Durch das Eingreifen Moskaus wurde die Offensive des ukrainischen Staates gegen die „Volksrepubliken“ zum Stehen gebracht. Was machen Staaten noch mal, wenn sie militärisch nicht weiterkommen? Richtig, sie führen Friedensgespräche und handeln Abkommen aus. So wurden dann zwischen dem Regime in Kiew und den „Volksrepubliken“ im September 2014 und im Februar 2015 die beiden Waffenstillstandsabkommen Minsk I und Minsk II abgeschlossen. Die drei Garantiemächte dieses Waffenstillstandes waren Deutschland, Frankreich und Russland. Dieser Waffenstillstand wurde von beiden Seiten immer wieder gebrochen. So starben in dem ukrainischen BürgerInnenkrieg im Donbass bis zur Invasion des russischen Imperialismus im Februar 2022 über 14.000 Menschen. Nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees – also nach der Kreml-Propaganda – vom Februar 2022 starben etwa 2.600 ZivilistInnen im Donbass. Der in Minsk II versprochene besondere Status für die nicht vom ukrainischen Regime kontrollierten Donbass-Gebiete wurde nicht umgesetzt. Auch verhängte der ukrainische Staat ab Anfang Dezember 2014 einen vollständigen Wirtschafts- und Finanzboykott gegen die „Donbass-Republiken“. Diese begannen am Tropf des Kremls zu hängen. Außerdem verteilte Moskau an die Menschen in den „Volksrepubliken“ russische StaatsbürgerInnenschaften. Auf diese Weise war die imperialistische Einmischung Russlands in der Ukraine auch mit dem Propagandagrund des „Schutzes von russischen StaatsbürgerInnen“ abgesichert. Kurz vor der imperialistischen Invasion des Kremls in der Ukraine, forcierte das Kiewer Regime seine militärischen Angriffe gegen die „Donbass-Republiken“.
Die demokratisch-faschistische Sozialreaktion in der Ukraine, die sich auf dem Maidan gebildet und das Janukowitsch-Regime gestürzt hatte, bewährte sich auch im BürgerInnenkrieg. Der Faschismus in der Ukraine agierte als äußerste rechte Fraktion des demokratischen Herrschaftssystems. Freie Wahlen legitimierten weiterhin die politische Herrschaft. Allerdings gingen die demokratischen Repressionsorgane gewalttätig gegen prorussische und politisch linke Kräfte vor. So wurde die „Kommunistische“ Partei faktisch in die Illegalität getrieben. Die Verwendung ihrer Symbole wurde mit Haft bestraft. In diesem ideologischen Klima wurden zwei Mal prowestliche Nationaldemokraten an die Spitze des Staates gewählt. Am 25. Mai 2014 der Oligarch Petro Poroschenko und im Mai 2019 Wolodymir Selenskij.
Die ukrainische Nationaldemokratie ging auch nach dem prowestlichen Staatsstreich im Februar 2014 zur Zwangsassimilation der Russischsprechenden und der Diskriminierung der russischen Sprache über. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung der Ukraine betrachteten Russisch als ihre Muttersprache. So trat im Januar 2022 ein diskriminierendes Sprachengesetz in Kraft. Selbst propagandistische UnterstützerInnen der Ukraine im Westen wie zum Beispiel die FAZ-Kulturkorrespondentin Kerstin Holm, zeigten ihre Bestürzung über den nationalistischen Kulturkampf in der Ukraine gegen die russische Sprache. Sie schrieb am 18. Januar 2022 in ihrer Zeitung, dass mit diesem Gesetz „traditionell russischsprachige Städte“ nun „vom Westen des Landes kulturell assimiliert“ würden. (Zitiert nach: Harald Projanski, Nicht dialog-, nicht friedensfähig, in: junge Welt vom 19./20. März 2022, 13.)
Die ukrainische Nation besteht seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991. Wie alle Nationen ist auch die ukrainische ein Kunstprodukt der kapitalistischen Politik. Durch die langjährige territoriale Verbindung des Landes mit Russland/der Sowjetunion ergab sich für den russischen Imperialismus die Möglichkeit, die Existenz einer ukrainischen Nation überhaupt zu leugnen. Dieser großrussische Chauvinismus war Teil der Kriegspropaganda des Kremls ab Ende Februar 2022. Der heutige ukrainische Nationalismus wiederum bezieht sich positiv auf den faschistischen ukrainischen Nationalismus, der während des Zweiten Weltkrieges auf der Seite des deutschen Imperialismus gegen die Sowjetunion kämpfte und dabei massenmörderisch gegen die russische, polnische und jüdische Bevölkerung vorging. Nicht wenige ukrainische NationalistInnen kollaborierten während des Überfalls des deutschen Imperialismus auf die UdSSR mit den Hitlerfaschisten. Die SS Galizien war blutige Verkörperung dieser Kollaboration. Der Führer der ukrainisch-nationalistischen Nazikollaborateure von der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), Stepan Bandera, ist nicht nur für den heutigen faschistischen Flügel des ukrainischen Nationalismus, sondern auch für viele prowestliche DemokratInnen ein Nationalheld, während er für nicht wenige heutige ostukrainisch-prorussische Kräfte ein „Verräter“ darstellt. In einem Lied der OUN-Milizen hieß es: „Die Juden werden wir abschlachten, die Polen erdrosseln, aber die Ukraine müssen wir erkämpfen.“ So sangen sie nicht nur, so handelten sie auch. Die OUN war eindeutig an Hitlerdeutschland ausgerichtet, auch wenn die deutschen Nazis Bandera drei Jahre einsperrten, nachdem er am 30 Juni 1941 die Unabhängigkeit der Ukraine proklamiert hatte.
Doch der heutige prowestliche und antirussische demokratische Nationalismus braucht die OUN als Teil seiner Gründungsmythologie. So schrieb die ukrainische Kyivipost in einer „Top Ten der Lügen des Kremls“: „Faschisten sind keine Banderisten, und Banderisten sind keine Faschisten. Wäre Stepan Pandera, Führer der Organisation Ukrainischer Nationalisten, ein Faschist gewesen, er würde doch wohl keine drei Jahre von 1941 bis 1944 in einem deutschen Nazigefängnis verbracht haben (…)“ (Zitiert nach Thomas Eipeldauer, Faschistische Hegemonie, in: junge Welt vom 8./9. März 2014, S. 11.) Die Argumentation ist natürlich ziemlich fadenscheinig. Denn natürlich verhafteten die FaschistInnen auch FaschistInnen, so wie StalinistInnen StalinistInnen liquidierten und DemokratInnen heute noch repressiv gegen DemokratInnen vorgehen.
Nachdem der sowjetische Imperialismus Deutschland 1945 besiegt hatte, war der bewaffnete ukrainische Nationalismus aber noch nicht am Ende. Bis in die 1950er Jahre hinein kämpften die ukrainischen NationalistInnen in der Westukraine bewaffnet gegen den sowjetischen Imperialismus. Letzterer krönte seinen militärischen Sieg über die westukrainischen NationalistInnen mit der Ermordung Banderas. 1959 wurde der ukrainische Nationalist in München durch einen KGB-Agenten liquidiert.
Und auf diese faschistische Tradition kann die heutige ukrainische Nationaldemokratie nicht verzichten. In den ukrainischen Schulbüchern wurde Bandera als ein Nationalheld dargestellt. Obwohl der heutige Präsident der Ukraine Selenskij selbst Jude ist, konnte auch er nicht auf diesen faschistischen Teil der nationalistischen Traditionspflege verzichten. Diese ist ein starker politideologischer Ausdruck der demokratisch-faschistischen Sozialreaktion in der Ukraine.
Im BürgerInnenkrieg gegen prorussische Kräfte und die „Donbass-Republiken“ wurde die demokratisch-faschistische Sozialreaktion in der Ukraine zur mörderischen Realpolitik. Ukrainische Oligarchen finanzierten am Anfang des BürgerInnenkrieges den Aufbau des faschistischen Bataillons „Asow“. Es wurde als „Sondereinheit der Miliz“ zur materiellen Gewalt, dass am 9. Mai 2014 in Mariupol Feiern von prorussischen Kräften zum Siegestag des sowjetischen Imperialismus im Zweiten Weltkrieg brutal zusammenschoss. Später wurde „Asow“ auf Regimentsstärke aufgestockt und der dem ukrainischen Innenministerium unterstellten Nationalgarde angeschlossen. Auf diese Weise wurden FaschistInnen institutioneller Teil der ukrainischen Nationaldemokratie.
Die demokratisch-faschistische Sozialreaktion in der Ukraine zeigt auch mal wieder den prokapitalistischen Charakter des Antifaschismus. Die Demokratie gegen den Faschismus verteidigen? In der Ukraine verteidigt sich die Nationaldemokratie mit Hilfe des Faschismus gegen in- und ausländische FeindInnen! Der Antifaschismus diente wiedermal als Rechtfertigungsideologie für einige LinksreaktionärInnen, um die prorussischen „Volksrepubliken“ und den Kreml gegen Kiew und den westlichen Imperialismus zu unterstützen (siehe Kapitel III.7).
In den Monaten vor der imperialistischen Invasion Russlands in der Ukraine begann Moskau militärisch und diplomatisch aufzurüsten. Der Kreml konzentrierte Truppen an der ukrainischen Grenze und verlangte ultimativ vom westlichen Imperialismus ein Ende der NATO-Osterweiterung, worauf dieser selbstverständlich nicht einging. Der kollektive Westen wiederum warnte Moskau vor einer militärischen Invasion in der Ukraine und drohte mit einer harten Antwort. Die europäischen Imperialismen Deutschland und Frankreich waren durch Minsk I und Minsk II direkt in der diplomatischen Betreuung des ukrainischen BürgerInnenkrieges eingebunden. Aber beide Abkommen hatten ja lediglich zu einem Krieg niederer Intensität, aber nicht zu einem stabilen bürgerlichen Frieden in der Ukraine geführt. Moskau bestand in den Monaten vor seinem Angriffskrieg auf diplomatische Verhandlungen mit Washington. Doch die Diplomatie konnte den imperialistischen Interessengegensatz zwischen dem Westen und Russland nicht mehr ausbalancieren. So knallte es wie bereits 2013/14 im Februar 2022 abermals in der Ukraine.

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