Neue Broschüre: Schriften zum Klassenkampf VII

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Inhalt

Einleitung

Gewerkschaften: Co-Managerinnen der kapitalistischen Ausbeutung
1. Gewerkschaften als bürokratisch entfremdeter Ausdruck des reproduktiven Klassenkampfes
2. Die Gewerkschaftsapparate als Teil der Kapitalvermehrung
3. Die politische Linke und die Gewerkschaften
4. Die revolutionäre Überwindung der Gewerkschaften

Betriebs- und Personalräte: Organe der kapitalistischen Arbeitsdemokratie
I. Die Demokratie hinter den Betriebstoren
1. Betriebs- und Personalräte als gelebte kapitalistische Arbeitsdemokratie
2. Einzelkapitalistische Repression gegen Betriebs-/Personalräte
3. Klassenkämpferische Selbstorganisation statt kapitalistische Arbeitsdemokratie!
II. Linke und rechte Betriebs- und Personalratsopposition
1. Linke Betriebs- und Personalratsopposition
2. Rechte Betriebs- und Personalratsopposition

Die klassenkämpferische Selbstorganisation des Proletariats
1. Die informelle Selbstorganisation des konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampfes
2. Wilde Streiks
3. Sozialrevolutionäre Gruppen
4. Revolutionäre Klassenkampforganisationen
5. Die revolutionäre Selbstaufhebung des Proletariats

Die informelle Selbstorganisation des konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampfes

Die Selbstorganisation des Proletariats ist die revolutionärste Tendenz des reproduktiven Klassenkampfes. Ohne Klassenkampf wird das Proletariat von Kapital und Staat organisiert. Doch auch im Klassenkampf wird das Proletariat durch die staatsrechtliche Einbindung der Auseinandersetzungen und gewerkschaftliche Zähmung teilweise fremdorganisiert. Aber Bourgeoisie und Gewerkschaftsbürokratie gelang es zwar durch das Tarifvertragssystem den „offiziellen“ Klassenkampf für höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten stark zu zähmen und der Kontrolle des Proletariats zu entziehen, aber es gibt auch eine konspirativ-illegale Form der proletarischen Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Ausbeutung, die selbstorganisiert ist. Die Gewerkschaftsbürokratie organisiert nicht den konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampf wie zum Beispiel Sabotage und Aneignung, weil sie das nicht darf, nicht kann und nicht will. Der Rahmen der gewerkschaftlichen Aktivität wird durch die staatliche Gesetzgebung als dem Recht der Bourgeoisie vorgegeben. Doch Sabotage und Aneignung sind illegal, weil sie das Eigentum der KapitalistInnen und Kapitalgesellschaften an Produktionsmitteln und Produkten faktisch nicht anerkennen, also auch gegen das bürgerliche Recht verstoßen. Gegen das Recht verstoßen dürfen Gewerkschaften nicht und die Gewerkschaftsbürokratie, die eine möglichst tiefe Integration in das Nationalkapital anstrebt, will es auch nicht. Also müssen und können klassenkämpferische ProletarierInnen ihren konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampf selbst organisieren.
Die theoretische Reproduktion des konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampfes hat von der Tatsache auszugehen, dass die konkreten Bedingungen von Branche zu Branche, von Betrieb zu Betrieb und von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz unterschiedlich sind. An manchen Arbeitsplätzen ist zum Beispiel die tendenzielle produktive Aneignung von Produktionsmitteln möglich und sinnvoll (z.B. im noch stark kleinbürgerlich geprägten Handwerk und an Computerarbeitsplätzen). Also immer, wenn der Chef nicht hinsieht, können ProletarierInnen etwas für sich selbst produzieren. Zum Beispiel in einer Tischlerei ein Holzregal oder an einem Computerarbeitsplatz Gedichte schreiben. Durch diese Aneignungen können einige ProletarierInnen für einen Moment des Klassenkampfes die Produktionsmittel als gegenständliches produktives Kapital und damit sich selbst als menschliches produktives Kapital aufheben. In der Zeit, wo sie Dinge für sich selbst produzieren, stellen sie keine Waren oder warenförmige Dienstleistungen her, die Warenproduktion für das Kapital erlischt also für die Zeit der Aktion des konspirativ-illegalen Klassenkampfes. Die Produktionsmittel werden für die Zeit der Aktion vom Klassenkampf produktiv angeeignet, die ProletarierInnen produzieren Dinge für sich selbst. In dieser Zeit sind sie faktisch keine LohnarbeiterInnen mehr, sondern selbstbestimmte ProduzentInnen. Formal bleiben natürlich die Produktionsmittel auch während der produktiven Aneignungsaktion gegenständliches produktives Kapital und die Lohnabhängigen bleiben menschliches produktives Kapital. Dennoch wird innerhalb der produktiven Aneignung das kapitalistische Eigentum an Produktionsmittel faktisch nicht anerkannt. Außerdem hebt sich das klassenkämpferische Proletariat durch diese Form des konspirativ-illegalen Klassenkampfes faktisch tendenziell auf. Die produktive Aneignung der kapitalistischen Produktionsmittel durch das Proletariat innerhalb des reproduktiven Klassenkampfes hat also starke revolutionäre Tendenzen.
Demgegenüber gibt es Produktionsstandorte, wo die Aneignung unmöglich ist und/oder sinnlos wäre wie zum Beispiel am Fließband. Hier ist die Sabotage sinnvoll, um mal für einen Augenblick Ruhe zu haben. Der/die die Produktionsmittel zerstörende Proletarier/in ist faktisch kein produktives menschliches Kapital mehr, ja, es zerstört gegenständliches produktives Kapital. Sowohl Aneignung als auch Sabotage sind revolutionäre Tendenzen des reproduktiven Klassenkampfes, die nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Denn in der möglichen bewussten revolutionären Selbstaufhebung des Proletariats (siehe Kapitel 5 dieser Schrift) werden einige kapitalistische Produktivkräfte aus diesen Produktionsverhältnissen in die klassenlose Gesellschaft überführt und andere mit dem Kapitalismus zusammen aufgehoben (zum Beispiel Atomkraftwerke). Schon im reproduktiven Klassenkampf des Proletariats eignet es die Produktionsmittel an, die angeeignet werden können und jene zerstört, die es zerstören. Natürlich werden auch im reproduktiven Klassenkampf Produktionsmittel zerstört, die in eine klassenlose Gesellschaft überführt werden können, aber jetzt im Kapitalismus nur Destruktivkräfte der proletarisierten Menschen sind (siehe dazu auch: Nelke, Technologie als Waffe, in: Derselbe, Schriften zum Klassenkampf III, Soziale Befreiung, Nürnberg 2014, S. 33-57).
Sabotage an den Destruktiv- und produktive Aneignung der Produktionsmittel des Kapitals durch das Proletariat im konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampf sind das faktische Nichtanerkennen des kapitalistischen Eigentums und des Arbeitsvertrages. Diese revolutionären Tendenzen setzen sich aber überwiegend un- beziehungsweise vorbewusst durch. Den sabotageleistenden und produktivaneignenden ProletarierInnen ist zwar bewusst, dass sie etwas Verbotenes tun, aber dass sie innerhalb der Aktion faktisch die kapitalistische Produktion und sich selbst als menschliches produktives Kapital aufheben, ist ihnen nicht bewusst. Proletarische RevolutionärInnen wissen innerhalb der Sabotage und der produktiven Aneignung ganz genau, was sie tun. Innerhalb der interaktiven Kommunikation mit ihren KollegInnen und Klassengeschwistern versuchen sie dieses Bewusstsein zu vermitteln. Doch die faktische Aufhebung der kapitalistischen Produktion für die Augenblicke der Sabotage und der produktiven Aneignung sind nur Momente des Luftholens. Um dauerhaft frei durchatmen zu können, ist die wirkliche und endgültige Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise durch das sich selbst revolutionär aufhebende Proletariat nötig.

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Das Proletariat und das lohnabhängige KleinbürgerInnentum werden in der kapitalistischen Produktion in der Regel vom Firmenmanagement fremdorganisiert. Sie müssen fremden Reichtum vermehren. Die konkrete Arbeitsorganisation ist grundsätzlich hierarchisch und autoritär. Und auch dort, wo so genannte „flache Hierarchien“ existieren, produziert dennoch objektiv proletarisches Elend kapitalistischen Reichtum. Auch dort, wo der Umgangston lockerer ist, heißt es, wenn die Leistung nicht mehr stimmt: „Du bist ein ganz wichtiger Mensch, aber versuche dein Glück bitte in einer anderen Firma.“
Doch klassenkämpferische ProletarierInnen tun in der produktiven Praxis der Arbeitsorganisation nicht immer das, was das kapitalistische Management anordnet und setzen ansatzweise ihren eigenen Kopf durch. Das Proletariat ändert also durch konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampf die konkrete kapitalistische Arbeitsorganisation. Im Gegensatz zu Sabotage und produktive Aneignung wenden durch konspirativ-illegale Änderungen der Arbeitsorganisation durch das klassenkämpferische Proletariat in der Regel nicht die kapitalistische Produktion beziehungsweise staatliche Verwaltung vorübergehend ausgesetzt, sondern verändert – Ausnahmen wo dies doch geschieht, werden weiter unten noch beschrieben. Diese Form des konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampf erleichtert meistens die Arbeit für die ProletarierInnen, unterbricht sie aber in der Regel nicht vollständig.
Im Jahre 2008 kam bei Sonderzahl in Wien das Buch Lexikon der Sabotage. Betrug, Verweigerung, Racheakte und Schabernack am Arbeitsplatz von Bernhard Halmer und Peter A. Krobath heraus, welches einen recht guten Einblick in den konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampf gewährt. In ihm kommen die sabotageleistenden Lohnabhängigen selbst zu Wort. Zum Beispiel ein ehemaliges Zimmermädchen auf einem Luxusdampfer. Die Arbeit war so organisiert, dass immer ein Zimmermädchen eine Suite saubermachen sollte. Es war sogar verboten, sich untereinander zu helfen. Doch das ehemalige Zimmermädchen berichtete, wie sie doch mit einer Kollegin zusammen zu zweit die Suiten reinigten, wodurch sie viel schneller fertig wurden. Für dieses eigenmächtige Verändern der Arbeitsorganisation wurden sie bestraft. Aber sie nahmen die Strafen mit einem Lächeln hin und putzten weiter die Suiten zu zweit. Schließlich hörte die Chefin auf, die beiden zusammenarbeitenden Zimmermädchen zu bestrafen. Auch andere Zimmermädchen putzten schließlich die Suiten zu zweit. Dadurch hatte der Alltagsklassenkampf die Arbeitsorganisation verändert. (Bernhard Halmer, Peter A. Krobath, Lexikon der Sabotage. Betrug, Verweigerung, Racheakte und Schabernack am Arbeitsplatz, Sonderzahl, Wien 2008, S. 77-81.)
Die Form der illegal-konspirativen Änderung der Arbeitsorganisation durch das klassenkämpferische Proletariat, die zugleich die Produktion unterbricht, stellt das eigenmächtige Machen von Pausen dar. Im oben genannten Buch wird dafür ein besonders amüsantes Beispiel von einem Computerfachmann geschildert. Er hatte mit neun Kollegen den Auftrag für eine Supermarktkette, Kassen aus Südkorea umzubauen. Sie wurden nach der Arbeitszeit bezahlt und wurden nicht kontrolliert. So wurde schon mal die Mittagspause auf drei Stunden ausgeweitet oder auch sonst mal die Arbeitszeit für drei Stunden unterbrochen. Während der Zeit hatten die Kollegen viel Spaß, zum Beispiel während sie mit Hubstablern um die Wette fuhren oder Mäuse fütterten. (Ebenda, S. 14.)
Die Änderung der Arbeitsorganisation durch den konspirativ-illegalen Alltagsklassenkampf des Proletariats kann nur die Ausbeutung und Entfremdung der kapitalistischen Produktionsweise abmildern, aber nicht grundsätzlich aufheben. Das kann nur die revolutionäre Selbstaufhebung des Proletariats.

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Das Proletariat und das lohnabhängige KleinbürgerInnentum produzieren in der Regel Warenkapital, das dann auf den Märkten in Geld umgetauscht wird. Sie produzieren also in der Regel Geld, genauer: mehr Geld, als die kleinbürgerliche/kapitalistische Produktion von Waren und warenförmigen Dienstleistungen kostet. Viel wird auch im Kapitalismus für die Mülltonne produziert. Denn in diesem System zählen in der Regel nur zahlungsfähige Bedürfnisse als Nachfrage. Menschen, die bestimmte Bedürfnisse haben, aber nicht über das nötige Geld verfügen, um sich die Waren beziehungsweise warenförmigen Dienstleistungen zur Befriedigung dieser Bedürfnisse zu leisten, gehen leer aus. Gleichzeitig werden Waren auf dem Müll befördert, weil sich für sie keine KäuferInnen finden ließen. Auch der Müll als unverkäufliche Waren ist kapitalistisches Eigentum, dessen Aneignung illegal ist. Denn das unentgeltliche Verteilen von unverkäuflichen Waren würde die Preise senken. Deshalb gehört das Vernichten von unverkäuflichen Gütern, während gleichzeitig unzählige Bedürfnisse wegen Mangel an Geld unbefriedigt bleiben, unentrinnbar zur Logik der Warenproduktion. Besonders Lebensmittel werden weggeschmissen wegen der Hygienevorschriften, obwohl sie noch verzehr- und genießbar sind.
Die unentgeltliche Aneignung von Waren – egal ob von potenziell verkäuflichen oder von nicht mehr verkaufbaren „Müll“ – beziehungsweise die Sabotage am reibungslosen Verkauf der Waren innerhalb der Warenproduktion gehört zum illegalen Klassenkampf des Proletariats. Im Lexikon der Sabotage können wir beispielsweise lesen, wie eine Lagerarbeiterin, die sehr frustriert über den niedrigen Lohn, die Lageweile, das alltägliche Arbeitsklima aus Hetze, Stress und Unfreundlichkeiten durch die Chefs war, den Verkauf der Waren, Babysachen, sabotierte. Bei der Verpackung der Waren forderte sie die Kunden durch beigepackte Zettel auf, bei dieser Firma nicht weiter zu bestellen. (Ebenda, S. 21/22.)
Im oben erwähnten Buch Lexikon der Sabotage erzählt uns zum Beispiel eine „Vorregalbetreuerin“ aus einem Supermarkt, wie sie konspirativ-illegal sich den Lebensmittel-Müll, also unverkaufte Waren, für den familiären Verzehr aneignet. Während ihre Oma noch bei diesem Supermarkt arbeitete, konnte diese noch legal unverkaufte Lebensmittel mit nach Hause nehmen. Als sie selbst dort ausgebeutet wurde, war dies bereits verboten. Doch sie eignete sich den noch genießbaren „Müll“ der Warenproduktion konspirativ-illegal an, indem sie sich von einem Bekannten den General-Müllraumschlüssel der Müllabfuhr besorgte. Und sie beschädigte die Verpackung von Lebensmitteln, die sie sich selbst aneignen wollte. Wenn sie dann weggeschmissen wurden, griff sie zu. (Ebenda, S. 85-87.) Bei dieser Aktion wurde der Verkauf von Waren sabotiert. Güter konnten genossen werden, ohne dass dafür Geld bezahlt werden musste.
Im Buch kommt auch ein Kellner einer Catering-Firma zu Wort, dem das viele Wegschmeißen von noch verzehrbaren Lebensmitteln tierisch auf die Nerven ging. Einmal als wieder sehr viel weggeschmissen werden sollte, hörte er und seine KollegInnen nicht mehr auf ein anwesendes Chefchen, sondern verteilten die Lebensmittel, die eigentlich weggeworfen werden sollten, kostenlos am Bahnhof. (Ebenda, S. 37.) Das war eine solidarische Aktion, die schon nicht mehr konspirativ war, sondern offen die Anweisungen der Chefetage missachtete. Damit gaben sie ein Beispiel, wie die Warenproduktion grundsätzlich durch das klassenkämpferische Proletariat aufzuheben ist. Durch den Alltagsklassenkampf kann der Wahnsinn der kapitalistischen Warenproduktion nur abgemildert beziehungsweise sabotiert und dessen Gesetze für kurze Zeit teilweise aufgehoben werden. Nur die revolutionäre Aufhebung der Warenproduktion und die Herausbildung einer globalen unmittelbaren Bedarfsproduktion, zerschlägt endgültig die Ware-Geld-Beziehung.

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