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Auschwitz und die Staatsgründung Israels

Wir veröffentlichen hier einen Auszug aus der Broschüre „Der Kampf des jüdischen Proletariats (1900-1945)“ über Auschwitz und die Staatsgründung Israels. Die Broschüre könnt Ihr für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.


Die Exodus bei ihrer Ankunft im Hafen von Haifa, 20. Juli 1947
Der faschistische Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden stärkte ausgerechnet jene politische Strömung innerhalb der jüdischen Weltbewegung, die am reaktionärsten war und auch kaum gegen den faschistischen Judenhass wirklich ankämpfte: den Zionismus. Keine politische Kraft instrumentalisiert Auschwitz für reaktionäre Ziele so pervers wie der jüdische Nationalismus und der Staat Israel. Doch zur historischen Wahrheit gehört auch, dass der Zionismus mit den deutschen Nazis paktierte. Untersuchen wir also das Wechselverhältnis zwischen Auschwitz und dem Zionismus als Vorgeschichte des Staates Israel.
Die deutsche Zionistische Vereinigung für Deutschland (ZVfD) führte in der Weimarer Republik noch nicht mal einen antifaschistischen Kampf – einen revolutionären Kampf konnte sie als bürgerliche Organisation natürlich nicht führen – gegen die Nazis. Der Historiker Stephen Poppel führte in seinem Buch Zionism in Germany aus, dass die Jüdische Rundschau, die Zeitung des ZVfD „bis 1931 nicht damit begann, sich systematisch und detailliert mit der antijüdischen Agitation und Gewalt auseinander zu setzen“. (Stephen Poppel, Zionism in Germany 1897-1933. The Shaping of a Jewish Identity, The Jewish Publication Society, Philadelphia 1977, S. 119.) Das ist noch sehr gelinde ausgedrückt. So drückte der führende ZVfD-Funktionär Siegfried Moses das Desinteresse des deutschen Zionismus an der Bekämpfung des Antijudaismus aus: „Für uns ist eben die Bekämpfung des Antisemitismus nicht eine zentrale Aufgabe von gleich bleibender Tragweite und gleich bleibenden Gewicht, wie es für uns die Palästina-Arbeit und in etwas anderem Sinne auch die Gemeindearbeit ist.“ (Jüdische Rundschau vom 25.7.1930.) Hier wird deutlich ausgesprochen, dass für die ZionistInnen der Kampf um einen jüdischen Staat in Palästina stets Vorrang gegenüber den (bürgerlichen) Kampf gegen den Antijudaismus hatte.
Deshalb konnten die deutschen ZionistInnen auch keinen gemeinsamen Kampf mit jüdischen AssimilationistInnen, die sich als „Deutsche“ sahen, gegen den Antijudaismus führen. Der bürgerliche Kampf gegen den Antijudaismus ist der Kampf für die Integration der Juden in die bestehenden Nationalstaaten und dessen Verteidigung. Doch der Zionismus strebte die Gründung eines jüdischen Nationalstaates an und bekämpfte die Assimilation stärker als den Antijudaismus (siehe dazu Kapitel I.4). Er stimmte mit dem Nazi-Antijudaismus darin überein, dass Juden in Deutschland keine „Deutschen“ seien. Nun, aus antinational-sozialrevolutionärer Sicht waren sowohl die die jüdischen AssimilationistInnen als auch die ZionistInnen bürgerliche NationalistInnen. Doch einen antinational-sozialrevolutionären Standpunkt, der im erklärten Ziel der Zerschlagung aller Nationalstaaten zum Ausdruck kommt, vertrat damals nur eine verschwindend kleine Minderheit in Deutschland. Aber nur ein solcher hätte dem praktischen Kampf gegen den Nazi-Antijudaismus die nötige geistige Klarheit geben können. Doch einen solchen Kampf hätte nur ein sozialrevolutionäres Proletariat führen können. Doch den ersten revolutionären Anlauf des modernen Proletariats in Deutschland wurde von Sozialdemokratie und Partei-„Kommunismus“ in Blut und Sozialreformismus erstickt. Diese Niederlage noch in den Knochen wurde das Proletariat in Deutschland von SPD und „K“PD in die kampflose Kapitulation gegenüber den Nazis geführt.
Doch wenn nicht das Proletariat – und jüdische ArbeiterInnen als Teil von ihm – die Nazis stoppen konnte, so konnten es bürgerliche Juden erst recht nicht. Den jüdischen AssimilationistInnen in Deutschland wurde der materielle Boden entzogen, als der Nationalsozialismus die Assimilation der Juden in Deutschland rückgängig machte. Die ZionistInnen des ZVfD erhofften sich davon anfangs noch eine Stärkung des jüdischen Nationalismus und boten den Nazis die Zusammenarbeit an. Dabei gaben sie den Nazis noch Recht in ihrem Antijudaismus und bezogen klar Stellung gegen die bisherige Assimilation der Juden in der Weimarer Republik. So heißt es in der offiziellen Äußerung der Zionistischen Vereinigung für Deutschland zur Stellung der Juden im neuen deutschen Staat vom 21. Juni 1933: „Der Zionismus täuscht sich nicht über die Problematik der jüdischen Situation, die vor allem in der anormalen Berufsschichtung und in dem Mangel einer nicht in der eigenen Tradition verwurzelten geistigen und sittlichen Haltung besteht. Der Zionismus erkannte schon vor Jahrzehnten, dass als Folge der assimilatorischen Entwicklung Verfallserscheinungen eintreten mussten, die er durch die Verwirklichung seiner, das jüdische Leben von Grund aus ändernden Forderung zu überwinden sucht. Wir sind der Ansicht, dass eine den nationalen Staat wirklich befriedigende Antwort auf die Judenfrage nur herbeigeführt werden kann, wenn die auf gesellschaftliche, kulturelle und sittliche Erneuerung der Juden hinzielende jüdische Bewegung dabei mitwirkt, ja, dass eine solche nationale Erneuerung erst die entscheidenden sozialen und seelischen Voraussetzungen für alle Regelungen schaffen muss. Der Zionismus glaubt, dass eine Wiedergeburt des Volkslebens, wie sie im deutschen Leben durch Bindung an die christlichen und nationalen Werte erfolgt, auch in der jüdischen Volksgruppe vor sich gehen müsse. Auch für den Juden müssen Abstammung, Religion, Schicksalsgemeinschaft und Artbewusstsein von entscheidender Bedeutung für seine Lebensgestaltung sein. Dies erfordert Überwindung des im liberalen Zeitalter entstandenen egoistischen Individualismus durch Gemeinsinn und Verantwortungsfreudigkeit.“ (Zitiert nach: Lenni Brenner, Zionismus und Faschismus, a.a.O., S. 351.) Diese „Äußerung“ des deutschen Zionismus gipfelte im Bekenntnis: „Der Zionismus will die Auswanderung der Juden nach Palästina so gestalten, dass dadurch eine Entlastung der jüdischen Position in Deutschland erfolgt.“ (Ebenda, S. 352.)
Der 1937 Deutschland verlassende Rabbi und Zionist Joachim Prinz schrieb über die allgemeine Stimmung des Zionismus während der ersten Monate 1933 in Deutschland: „Jeder in Deutschland wusste, dass nur die Zionisten die Juden gegenüber der Nazi-Regierung verantwortlich vertreten konnten. Wir alle waren sicher, dass die Regierung eines Tages eine Konferenz mit den Juden am runden Tisch einberufen würde, auf der – nachdem die Unruhen und Grausamkeiten der Revolution vorbei wären – der neue Status der deutschen Juden diskutiert werden könnte. Die Regierung erklärte höchst feierlich, dass es kein anderes Land in der Welt gäbe, das so ernsthaft versuchte, das Judenproblem zu lösen wie Deutschland. Lösung der Judenfrage? Das war unser zionistischer Traum! Wir hatten das Bestehen der Judenfrage nie bestritten! Dissimilation? Das war unser eigener Aufruf! (…) In einer Erklärung, bemerkenswert für ihren Stolz und Würde, forderten wir eine Konferenz.“ (Joachim Prinz, Zionism under the Nazi Goverment, in: Young Zionist vom November 1937.)
Und die Nazis begünstigten auch die ZionistInnen gegenüber anderen jüdischen Strömungen, so ähnlich wie die weißen Sklavenhalter in den USA die Haussklaven gegenüber den Feldsklaven begünstigten. Die deutschen Nazis traten auch mit der Zionistischen Weltorganisation in Geschäftsbeziehungen, welche jüdische Menschen und jüdisches Geld nach Palästina brachten (siehe dazu Kapitel I.7). Nein, es ist nicht übertrieben, wenn wir den Zionismus als Hauptfeind des jüdischen Proletariats bezeichnen. Stets war er bereit dazu, mit den größten europäischen Judenmördern zu paktieren, dadurch das jüdische Proletariat gegenüber dem mörderischen Antijudaismus zu entwaffnen und es in Palästina auf dessen palästinensischen Klassengeschwister zu hetzen. Dadurch kreuzten sich in den 1930er Jahren der nationalsozialistische Antijudaismus und der Zionismus bei der bürgerlichen Lösung der so genannten „Judenfrage“.
Am weitesten in der Kollaboration mit dem deutschen Faschismus gingen die deutschen zionistischen RevisionistInnen, die eine Fraktion innerhalb des ZVfD darstellten. Die deutschen RevisionistInnen interpretierten die Machtübergabe an Hitler durch die deutsche Bourgeoisie als Niederlage ihrer ideologischen jüdischen Gegner und als Bestätigung ihrer eigenen zionistisch-faschistischen Ideologie. Sie gingen in ihrer Anpassung an die Nazis noch wesentlich weiter als der Rest des ZVfD und deren Sprachrohr, die Jüdische Rundschau. Sie begannen auch den Stil der Nazis zu imitieren.
Als der jüdische Bankier Georg Kareski sah, wie seine nichtjüdischen Klassengeschwister und ehemaligen Anhänger der einstigen katholischen Zentrumspartei mit den Nazis paktierten oder sich diesen sogar anschlossen, wurde er von dem Wunsch beseelt zum zionistischen Schwanz des deutschen Faschismus zu werden. Kareski wurde Revisionist und bald ihr Führer. Im Mai 1933 organisierte er sogar einen Putschversuch gegen die Berliner Jüdische Gemeinde, den Richard Lichtheim so beschrieb: „Der von Natur aus rücksichtslose und zur Demagogie neigende Georg Kareski war der Ansicht, die Zionisten hätten die Gelegenheit verpasst, sich durch einen revolutionären Akt an die Spitze des deutschen Judentums zu stellen. Mit Hilfe einer Anzahl junger Leute vom ,Betar‘ (paramilitärische Organisation des zionistischen Revisionismus, Anmerkung von Nelke) (…), ,besetzte‘ Kareski im Jahre 1933 das Gebäude der Jüdischen Gemeinde in Berlin, musste sich aber bald wieder entschließen, es zu räumen, da Gemeindemitglieder nicht mitspielen wollten. Die Folge dieses törichten Streichs war sein Ausschluss aus der Z.V.f.D. Anfangs hatte Kareski wohl geglaubt, dass der Zeitgeist solches Vorgehen verlange und dass die überlebten Vorstellungen des bürgerlich-liberalen Judentums auf so gewaltsame Weise zugunsten der zionistisch-nationalen Auffassung korrigiert werden müssten. In den folgenden Jahren geriet er in ein bedenkliches Abhängigkeitsverhältnis zur Gestapo, der er sich mitsamt seiner Betar-Gruppe als den wahren Repräsentanten der dem Nationalsozialismus entsprechenden radikal-zionistischen Auffassung zu empfehlen suchte…“ (Richard Lichtheim, Die Geschichte des deutschen Zionismus, Verlag Rubin Mass, Jerusalem 1954, zitiert nach: Lenni Brenner, Zionismus und Faschismus, a.a.O., S. 184.)
Die RevisionistInnen wurden nach dem missglückten Putsch in der Berliner Jüdischen Gemeinde aus dem ZVfD ausgeschlossen. Kareski formierte den deutschen Revisionismus zur Staatszionistischen Organisation. Die organisatorische Abspaltung in Deutschland beschleunigte auch die internationale Loslösung des Revisionismus von der Zionistischen Weltorganisation WZO. 1934 gründeten die RevisionistInnen die Neue Zionistische Organisation (NZO) (siehe dazu das Kapitel I.4). In Deutschland führten die RevisionistInnen unter Kareski mit Unterstützung der Nazis einen regelrechten Krieg gegen ihre zionistische Konkurrenz. Durch die internationale Abspaltung des Revisionismus von der WZO standen die revisionistischen Juden auch außerhalb des sozialökonomischen Paktes zwischen WZO und dem deutschen Faschismus, das in den 1930er Jahren jüdisches Geld und jüdische Menschen aus Deutschland nach Palästina transformierte. Das Palästina-Amt, das Auswanderungsbüro der Jewish Agency mit Sitz in Berlin-Charlottenburg, bekam von der WZO die Anweisung, Betar-Mitglieder von der Erteilung eines Ausreisezertifikats nach Palästina auszuschließen. Daraufhin gingen die revisionistischen StaatszionistInnen mit körperlicher Gewalt gegen die Mitglieder des ZVfD vor. Die StaatszionistInnen beschimpften ihre Konkurrenz von der ZVfD als „marxistische Schweine“. Die Nazis schlossen im Juni 1934 zeitweise das ZVfD-Hauptgebäude. Die StaatszionistInnen wendeten sich an die Nazis mit der Bitte ihnen das Palästina-Amt zu übergeben. Die deutschen FaschistInnen bevorzugten in der Regel den Staatszionismus gegenüber dem ZVfD, aber der letztere machte den Nazis klar, dass der WZO die Übergabe des Palästina-Amtes an den Revisionismus nicht akzeptieren würde und es im Folge davon keine Palästina-Zertifikate mehr für deutsche Juden geben würde und damals wollte die NSDAP-Führung die Juden noch vertreiben und noch nicht vergasen. So gaben sie in dieser Frage nach.
Aber ansonsten begünstigte der Nationalsozialismus den Staatszionismus. So informierte am 13. April 1935 die Gestapo die normale Polizei, Kareskis Anhänger bekämen von nun an „ausnahmsweise und stets widerrufbar, die Erlaubnis, ihre Mitglieder, (…), innerhalb ihrer Räumlichkeiten Uniformen tragen zu lassen, (…), da die Staatszionisten sich als diejenige Organisation erwiesen haben, die versuchte, ihre Mitglieder auf jede mögliche Art und Weise, selbst illegal, nach Palästina zu bringen und die durch ihre ehrliche Arbeit für die Emigration den Interessen der Reichsregierung an einer Entfernung der Juden aus Deutschland auf halbem Weg entgegenkommt. Das Erlaubnis zum Tragen von Uniformen soll die Mitglieder der deutsch-jüdischen Organisationen anspornen, sich den staatszionistischen Jugendgruppen anzuschließen, in denen sie stärker dazu gedrängt würden, nach Palästina zu emigrieren.“ (Kurt Grossmann, Zionists and non-Zionists under Nazi Rule in the 1930s, in: Herzl Yearbook, Vol. 4 (1961/62), S. 341/342.)
Die Kollaboration der deutschen RevisionistInnen mit den Nazis war für den internationalen Führer des Revisionismus, Jabotinky, zu viel. Während er die Zusammenarbeit der italienischen RevisionistInnen mit dem Duce tolerierte, war er nicht dazu bereit, die Kollaboration seiner deutschen Anhänger mit den Nazis politisch zu decken. Er wurde zu einem Kritiker des Hitlerfaschismus und griff die Kollaboration der WZO mit dem deutschen Faschismus hart an (siehe dazu Kapitel I.7). Jabotinsky konnte auch den wichtigen revisionistischen Führer und zeitweiligen glühenden Hitlervehrer Abba Achimeir davon überzeugen, dass es nicht klug war, Hitler weiter öffentlich zu loben. Doch Kareski wurde zum zionistischen Schwanz der Nazis. Trotzdem war er auf dem Kongress der revisionistischen Weltorganisation, NZO, 1935 in Wien ein gern gesehener Gast. Lenni Brenner schrieb über die Beziehung Kareskis zum internationalen Revisionismus: „Als die Revisionisten sich entschieden hatten, den Boykott gegen die Nazis zu unterstützen, hatten sie ihren deutschen Ableger formal aus der Bewegung ausgeschlossen, um ihn zu schützen und so war es offensichtlich, dass Kareski dort (dem NZO-Kongress in Wien 1935, Anmerkung von Nelke), war, um im Auftrag der Gestapo gegen den Boykott zu intervenieren. Die besorgte Mitgliedschaft wollte sich von den Staatszionisten distanzieren und erzwang eine Resolution, dass es unter den gegebenen Umständen keine revisionistische Bewegung in Deutschland gab und geben konnte. Kareski beging den Fehler, zu dem darauf folgenden Betar-Kongress in Krakau in Begleitung eines bekannten jüdischen Gestapo-Agenten anzureisen und einige deutsche Betarim unterrichteten Jabotinsky davon. Man forderte Kareski auf, den Kongress zu verlassen und Jabotinsky war gezwungen, ihn aufzufordern, sich öffentlich zu rechtfertigen und jede Verbindung zu den Nazis zu dementieren. Später jedoch, im Jahre 1936, benutzte Jabotinsky Kareski als Vermittler gegenüber einem deutschen Verlagshaus, das die Rechte an einem seiner Bücher hielt. Jabotinsky übernahm nach den Ereignissen in Krakau keine weitere Verantwortung für Kareski, doch solange er in Deutschland war, hielt Kareski Kontakt zu der Minderheit in der weltweiten revisionistischen Bewegung, die sich weiterhin mit seiner pro-nazistischen Linie einverstanden erklärte…“ (Lenni Brenner, Zionismus und Faschismus, a.a.O., S. 195/196.)
Durch das Paktieren des Zionismus mit dem deutschen Faschismus wurde dessen massenmörderischer Antijudaismus nicht im Geringsten abgeschwächt. Im Gegenteil, er half den Nazis dabei den kapitalistisch-industriellen Massenmord an den europäischen Juden und Jüdinnen vorzubereiten und zu organisieren. Indem der Zionismus in den 1930er Jahren die Vertreibung der deutschen Juden und Jüdinnen zusammen mit den Nazis organisierte, stumpfte er selbst den bürgerlich-jüdischen Widerstand in Deutschland ab – abgesehen davon, dass er sich mal wieder als Hauptfeind des jüdischen Proletariats erwies. Dadurch hat der Zionismus indirekt Auschwitz mit vorbereitet.
Nicht wenige zionistische PolitikerInnen übten sich während des Judenpogroms in Deutschland vom 9/10. November 1938 darin, den Nazi-Terror kleinzureden, und sich gegen den Aufnahme von deutschen Juden und Jüdinnen in anderen westlichen Nationalstaaten zu wenden – weil sie nicht wollten, dass sich die internationale jüdische Spendenbereitschaft von Palästina weg- und Europa zuwende. So schrieb der Zionist Ben Gurion im Dezember 1938 an andere ZionistInnen: „Wenn die Juden zwischen den Flüchtlingen, der Rettung von Juden vor den Konzentrationslagern und der Unterstützung des Aufbaus eines Nationalmuseums in Palästina wählen müssen, wird das Mitleid die Oberhand gewinnen, und die ganze Energie der Menschen wird in die Rettung von Juden aus den verschiedenen Ländern fließen. Der Zionismus wird von der Tagesordnung gestrichen werden (…). Wenn wir eine Trennung zwischen dem Flüchtlings- und dem Palästinaproblem zulassen, dann setzen wir die Existenz des Zionismus aufs Spiel.“ (Zitiert nach Arie Bober, The Other Israel, New York 1972, S. 171.)
Aus diesem Grunde stellte sich auch Ben Gurion am 7. Dezember 1938 gegen einen britischen Plan, der nach den Judenpogromen vom 9./10. November vorsah, die Einwanderung mehrerer tausend deutsch-jüdischer Kinder zu genehmigen: „Wenn ich wüsste, dass es durch Transporte nach England möglich wäre, alle (jüdischen) Kinder zu retten, durch Transporte nach Palästina aber nur die Hälfte, würde ich mich für Letzteres entscheiden. Denn wir müssen nicht nur das Leben dieser Kinder abwägen, sondern auch die Geschichte des Volkes Israel.“ (Zitiert nach John Rose, Mythen des Zionismus, a.a.O., S. 220/221.) Die Rettung von Juden vor der industriellen Vernichtung war für den Zionismus zweitrangig, das wichtigste war für ihn jüdische Menschen und jüdisches Geld nach Palästina zu bringen.
Aus demselben Grunde taten zionistische FunktionärInnen alles, als die ersten Informationen über den industriellen Massenmord an den europäischen Juden in das Ausland drangen, um das Ausmaß des faschistischen Terrors zu verharmlosen und kleinzureden. Die ersten Berichte über Judenmorde des deutschen Imperialismus in der Ukraine erschienen in der westlichen Presse im Oktober 1941. Im Januar 1942 veröffentlichte der jetzt wieder mit Deutschland verfeindete sowjetische Imperialismus einen ausführlichen Bericht über den faschistischen Judenmord in der Ukraine, die so genannte „Molotow-Verlautbarung“. Die WZO in Palästina bezeichnete die „Molotow-Verlautbarung“ als „bolschewistische Propaganda“. (Yoav Gelber, Zionist Policy and the Fate of European Jewry (1939-1942), Yad Vashem Studies, Vol. XIII, S. 190.)
Vom Zionismus wird heute die Organisation der illegalen Auswanderung einer Minderheit von europäischen Juden und Jüdinnen während ihrer industriellen Massenvernichtung als ihr Beitrag bezeichnet, um diesen Massenmord abzumildern. In Wirklichkeit verstärkten die ZionistInnen mit der Auslese – wer nach Palästina durfte und wer sterben musste –den Klassencharakter des faschistischen Judenmordes. Die ZionistInnen –und das gilt sowohl für die „ArbeiterInnenzionistInnen“ als auch für die RevisionistInnen – retteten nicht die kranken, schwachen, alten, assimilierten und armen Jüdinnen und Juden, sondern nur gesunde, junge Juden und möglichst hebräisch sprechende ZionistInnen. In Ungarn kam es zu einer direkten Kollaboration des Zionismus mit den Nazis bei der Organisierung des kapitalistisch-industriellen Massenmordes an den ungarischen Jüdinnen und Juden. Als die Nazis am 19. März 1944 Ungarn besetzten, bedeutete das für 450 000 ungarische Juden den Tod. Für die Deportation der ungarischen Juden in die NS-Vernichtungslager war Adolf Eichmann verantwortlich. Er war sehr besorgt, dass die Todeszüge mit ungarischen Juden zu Aufständen in Ungarn führen könnten. Doch zum Glück der Nazis gab es den kooperationsbereiten ungarischen Zionisten Rezso Kasztner. Der Deal bestand darin, dass ein Zug von Kasztner ausgewählter Juden in die „neutrale Schweiz“ fahren konnte, während er den Nazis half, die für die Deportation notwendige Ordnung herzustellen.
Eichmann beschrieb den Deal mit Kasztner folgendermaßen: „Dieser Dr. Kasztner war ein junger Mann etwa in meinem Alter, ein eiskalter Anwalt und fanatischer Zionist. Er erklärte sich bereit, dabei behilflich zu sein, die Juden davon abzuhalten, sich gegen die Deportation zu wehren – und sogar für Ordnung in den Sammellagern zu sorgen – wenn ich beide Augen zudrücken und ein paar Hundert oder Tausende jungen Juden erlauben würde, illegal nach Palästina auszuwandern. Das war ein gutes Angebot. 15.000 oder 20.000 Juden – letztlich könnten es auch ein paar mehr gewesen sein – für Ordnung in den Lagern, der Preis erschien mir nicht zu hoch. (…) Ich glaube, dass Kasztner Tausende oder Hunderttausende von seinem Blut geopfert hätte, um sein politisches Ziel zu erreichen. Er interessierte sich nicht für die alten Juden oder für die, die sich in der ungarischen Gesellschaft assimiliert hatten. Aber er versuchte unglaublich hartnäckig, biologisch wertvolles jüdisches Blut zu retten – das heißt menschliches Material, das zu harter Arbeit und zur Fortpflanzung geeignet war. So sagte er: ,Sie können die anderen haben, aber geben sie mir diese Gruppe.‘ Und da Kasztner uns einen großen Dienst erwiesen hatte, indem er uns half, die Deportationslager ruhig zu halten, ließ ich diese Gruppe entkommen. Schließlich gab ich mich nicht mit kleinen Gruppen von eintausend Juden oder so ab.“ (Adolf Eichmann, I Transported Them tot he Butcher, in: Life vom 5. Dezember 1960, S. 146.)
Nirgendwo kreuzten sich die zwei reaktionären Lösungswege der so genannten „Judenfrage“, der des faschistischen Massenmordes und der zionistische eines jüdischen Staates so offensichtlich wie in Ungarn. Im Jahre 1944 fuhren viele Züge mit Juden aus Ungarn heraus. Die meisten Juden wurden in den Tod transportiert. Doch ein Zug mit zionistischer Prominenz sicherte für diese das Überleben. Kasztner sicherte das Überleben der zionistischen Prominenz Ungarns und half dafür den Nazis, andere ungarische Juden und Jüdinnen zu vergasen. Und Kasztner war der SS dafür so dankbar, dass er auch nach dem Zweiten Weltkrieg zu Gunsten des SS-Obersturmführers Hermann Krumey, der in Nürnberg auf seinen Prozess wartete, eidesstattlich versicherte: „In einer Zeit, da Leben und Tod vieler von ihm abhingen, hat Krumey seine Pflichten in einem lobenswerten Geist guten Willens verrichtet.“ (Zitiert nach Lenni Brenner, Zionismus und Faschismus, a.a.O., S. 341.) Kasztner verhinderte auch, dass SS-Oberst Becher gehenkt wurde, indem er eidesstattlich behauptete, dass dieser Nazi alles Menschenmögliche getan habe, um die Juden zu retten.
Am 14. Mai 1948 wurde der zionistische Staat Israel proklamiert. In ihm lebten Überlebende der faschistischen Judenverfolgung und die zionistischen Kollaborateure zusammen. Das führte notwendigerweise zu sozialen Konflikten. Diese wurden, so wie es sich für die einzige Demokratie im Nahen Osten gehört, auf rechtstaatliche Weise gelöst. Im Jahre 1953 führte die Regierung von Ben-Gurion einen Prozess gegen den Flugblattautor Malchiel Gruenwald wegen Beleidigung. Gruenwald hatte in einem Flugblatt richterweise Kasztner als Kollaborateur bezeichnet. Doch Kasztners Kollaboration mit dem deutschen Faschismus befand sich im Einklang mit der Hauptlinie des Zionismus. Deshalb stellte sich der „ArbeiterInnenzionismus“ mit der ganzen Autorität des israelischen Staates hinter ihn. Doch die Fakten sprachen zu sehr gegen Kasztner –und damit gegen den Zionismus und den Staat Israel. Am 21. Juni 1953 entschied der Richter Halevi, dass Kasztner nicht verleumdet worden war, dass dieser jedoch bei seinen Taten nicht von der Absicht auf finanziellen Gewinn geleitet worden sei. Doch die „ArbeiterInnenzionistInnen“ konnten das Urteil nicht akzeptieren und gingen in Revision, denn mit Kasztner könnten sie jetzt alle potenziell ungestraft als Kollaborateure bezeichnet werden. Der Revision wurde stattgegeben, und der Streit vor Gericht ging in eine neue Runde.
Es ging also dem israelischen Rechtstaat in den 1950er Jahren darum, dass mensch zionistische Kollaborateure mit dem deutschen Faschismus nicht so nennen durfte. Selbstverständlich konnte Kasztner in der einzigen Demokratie im Nahen Osten für die Mitorganisation des Mordes an 450 000 ungarischen Juden nicht rechtstaatlich zur Verantwortung gezogen werden. Doch er wurde zu Verantwortung gezogen. Am 3. März 1957 wurde Kasztner von Zeev Eckstein erschossen. Eckstein wurde, wie es sich für einen demokratischen Rechtstaat gehört, wegen Mordes verurteilt. Doch mit Kasztners Tod war die rechtstaatliche Klärung der Frage, ob mensch zionistische Kollaborateure mit dem Nationalsozialismus in Israel auch ungestraft so nennen durfte, noch nicht beendet. Das Gericht entschied am 17. Januar 1958 mit drei gegen zwei Stimmen, dass Kasztners Verhalten während des Zweiten Weltkrieges in Ungarn nicht als Kollaboration bezeichnet werden könne. Es entschied aber mit allen fünf Stimmen, dass Kasztner Meineid begannen habe, als er zu Gunsten von SS-Oberst Becher intervenierte.
Der israelische Generalstaatsanwalt Chaim Cohen musste während des Prozesses offen zugeben: „Eichmann, der Vernichtungschef, wusste, dass die Juden sich friedlich verhalten und keinen Widerstand leisten würden, wenn er ihnen erlaubte, die prominenten Persönlichkeiten unter ihnen zu retten, dass der ,Zug der Prominenten‘ auf Eichmanns Anweisung hin organisiert wurde, um die Ausrottung des ganzen Volkes zu erleichtern.“ Die zionistische Elite Ungarns blieb am Leben und half dafür den Nazis die ungarischen Juden und Jüdinnen zu ermorden. Doch Cohen betrachtete das Verhalten von Kasztner zu Recht im Einklang stehend mit dem Gesamtverhalten des Zionismus während des kapitalistisch-industriellen Massenmordes an den europäischen Juden und Jüdinnen: „Kasztner hat nicht mehr und nicht weniger getan, indem er diese Juden gerettet und nach Palästina gebracht hat … Man darf es riskieren –eigentlich ist man dazu verpflichtet, dieses Risiko einzugehen –viele zu verlieren, um einige zu retten… Es war immer unsere zionistische Tradition, bei der Organisation der Emigration die wenigen aus den vielen herauszufiltern. Aber sind wir deshalb Verräter?“ (Zitiert nach Lenni Brenner, Zionismus und Faschismus, a.a.O., S. 340.)
Lenni Brenner schrieb über die Verteidigung von Kasztner durch den Arbeiterzionismus: „Der Verrat eines einzelnen Zionisten an den Juden hätte keinerlei besondere Bedeutung gehabt: Keine Bewegung ist verantwortlich für die Taten Abtrünniger. Doch die Arbeiterzionisten betrachteten Kasztner nie als Verräter. Im Gegenteil, sie bestanden darauf, dass, wenn er schuldig wäre, sie es auch wären.“ (Lenni Brenner, Zionismus und Faschismus, a.a.O., S. 342.) Ja, die so genannten „ArbeiterInnenzionistInnen“ gehörten zu den Todfeinden des Weltproletariats! Wir stimmen Lenni Brenner auch im Folgenden zu: „Doch der bei weitem wichtigste Aspekt der Kasztner-Gruenwald-Affäre lag darin, dass durch sie die Arbeitsphilosophie der WZO während der gesamten Nazizeit offengelegt wurde: die Inkaufname des Verrats an vielen im Interesse einer selektiven Immigration nach Palästina.“ (Ebenda.) Der Verrats-Begriff passt hier nicht. Zionistische PolitikerInnen waren und sind wie alle anderen auch nur ihren eigenen Interessen und denen der Kapitalvermehrung verpflichtet. Sie schufen einen jüdischen Staat und gingen dabei über unzählige jüdische und palästinensische Leichen. ZionistInnen den Verrat an Juden vorzuwerfen, heißt einen jüdisch-nationalen Standpunkt einzunehmen.
Doch dieses Kapitel wäre unvollständig wenn wir nicht noch kurz auf den Aufstand im Warschauer Ghetto im April 1943 eingehen würden, über den wir noch ausführlicher im Kapitel III.2 schreiben werden. Dieser Aufstand stand unter jungzionistischer Führung. Wir sind keine AntifaschistInnen, welche SozialreaktionärInnen abfeiern, sobald diese sich gegen den Faschismus wenden. Den Zionismus kritisieren wir grundsätzlich als sozialreaktionäre jüdisch-nationalistische Ideologie und Praxis, weshalb wir auch die zionistische Führung des Aufstandes im Warschauer Ghetto als dessen reaktionäre Tendenz ansehen. Wir reden durch diese Analyse keineswegs die progressive Tendenz des Aufstandes klein. Es ist klar, dass die prozionistische Geschichtsschreibung besonders den Aufstand im Warschauer Ghetto in den leuchtensten Farben ausschmückt, um die Geschichte der Kollaboration des Zionismus mit dem deutschen Faschismus vor und während des kapitalistisch-industriellen Massenmordes an den europäischen Jüdinnen und Juden zu überpinseln. Auf die Rolle der überwiegend zionistischen Judenräte im faschistisch besetzten Polen gehen wir noch ausführlicher im Kapitel III.2 ein.
Fazit: Der Zionismus half dabei Auschwitz zu organisieren und heute instrumentalisiert er den kapitalistisch-industriellen Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden für seinen massenmörderischen Imperialismus, der ohne Gaskammern als Mordinstrumente auskommt und deshalb im Rahmen des demokratischen Antifaschismus fleißig relativiert und verharmlost werden kann. Die deutsche Bourgeoisie, also die demokratisch gewendete und ehemals faschistische Bourgeoisie, ihre „antideutschen“ Lakaien und weitere moralisierende antifaschistische KleinbürgerInnen stehen fest an der Seite Israels. Sie stehen hinter jenem Israel, was nichts anderes als ein durch antipalästinensischen Rassismus zusammengehaltenes Zwangskollektiv aus Kapital und Arbeit ist. Linke „AntiimperialistInnen“ unterstützen mehr oder weniger „kritisch“ den palästinensischen Nationalismus. Jenen palästinensischen Nationalismus, der wie jeder andere sozialreaktionär ist, der der Hauptfeind des palästinensischen und ein Feind des Weltproletariats darstellt und starke antijüdisch-chauvinistische Tendenzen hat. Wir SozialrevolutionärInnen Deutschlands und Israels bereiten die Sprengung dieser zwei Nationalstaaten durch das Proletariat vor, während unsere palästinensischen GesinnungsgenossInnen gegen die Neugründung eines palästinensischen Staates kämpfen. Alle Staaten müssen sterben, damit wir leben können. Hoch die antinationale Solidarität!

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