Neue Broschüre: Analyse und Kritik der Warenproduktion

26. Juli 2023

Unsere neue Broschüre „Analyse und Kritik der Warenproduktion“ (ca. 139 Seiten) von Soziale Befreiung ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

Gebrauchs-, Produktions- und Tauschwert

I. Gebrauchs- und Produktionswert – allgemeine Kategorien der menschlichen Produktion

1. Der Gebrauchswert

2. Der Produktionswert

II. Der Tauschwert – besondere Kategorie der Warenproduktion

1. Die Entwicklung des Tauschwertes mit der Produktion für den Austausch

2. Tausch- und Gebrauchswert in der Warenproduktion

3. Tausch- und Produktionswert in der Warenproduktion

4. Der Mehrwert – ein ganz besonderer Teil des kapitalistisch produzierten Tauschwertes

5. Das Dreiecksverhältnis Tausch-, Gebrauchs-, und Produktionswert in der Warenproduktion

III. Kritik der marxistischen Begriffsverwirrung

1. Keine klare Unterscheidung zwischen Produktions- und Tauschwert

2. Nicht Doppel-, sondern Dreifachcharakter der Ware

Warenproduktion

I. Kleinbürgerliche Warenproduktion und kapitalistischer Handel

1. Kleinbürgerlich-selbstproduktives Eigentum an den Produktionsmitteln

2. Die embryonale Ausbeutung von Lohnarbeit in der kleinbürgerlichen Warenproduktion

3. Kapitalistischer Waren- und Geldhandel.

II. Kapitalistische Warenproduktion

1. Von der kleinbürgerlichen zur kapitalistischen Warenproduktion

2. Kapitalistische Warenproduktion auf Basis der Sklaverei

3. Kapitalistische Warenproduktion auf Basis der Lohnarbeit

4. Die Krisendynamik der industriekapitalistischen Warenproduktion

Die Entwicklung des Geldes als Verselbständigung und Abstraktion des Tauschwertes

1. Der noch nicht verselbständigte Tauschwert beim Naturaltausch

2. Die Herausbildung des allgemein anerkannten Tauschmittels

3. Die Funktionen des Geldes

4. Produktions- und Tauschwert des Metallgeldes

5. Gold als Weltgeld

6. Die Emanzipation des Buch- und Papiergeldes gegenüber der metallischen Basis

Ware-Geld-Beziehungen als verdinglichte gesellschaftliche Verhältnisse

1. Freie Marktsubjekte und Konkurrenzindividuen

2. Warenästhetik

3. Geldfetischismus

Die politische Organisation der industriekapitalistischen Warenproduktion

1. Politische Macht und Ohnmacht der Bourgeoisie in der eurasischen Übergangsperiode zum Industriekapitalismus

2. Staatlich garantierte freie Marktsubjektivität

3. Wirtschaftlicher und politischer Liberalismus

4. Die Integration der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung in den demokratischen Staat

5. Die extreme Mitte, Rechts- und Linksreaktion

6. Staatsinterventionismus und (klein)bürgerlicher Konkurrenzindividualismus

7. Der Nationalismus der freien Marktsubjekte und Konkurrenzindividuen

8. Sozialökonomische Aspekte des Imperialismus

Praktisch-geistige Reproduktion oder revolutionäre Aufhebung des Tauschwertes?!

I. Die marxistische und anarchistische Reproduktion des Tauschwertes

1. Inkonsequenzen des klassischen Marxismus

2. Die marxistisch-leninistische Verstaatlichung der Warenproduktion

3. Der Trotzkismus als eine oppositionelle staatskapitalistische Ideologie

4. Marktsozialismus

5. Die anarchistische Reproduktion der Warenproduktion

II. Die kommunistische Überwindung des Tauschwertes

1. Objektive Voraussetzung: ein großer Anteil des Weltproletariats an der globalen Bevölkerung

2. Objektiv-subjektive Voraussetzung: die revolutionären Tendenzen des reproduktiven Klassenkampfes

3. Objektiv-subjektive Voraussetzung: revolutionäre Situationen

4. Objektiv-subjektive Voraussetzung: die revolutionäre Klassenkampforganisation

5. Objektiv-subjektive Voraussetzung: die antipolitische Zerschlagung des Staates

6. Objektiv-subjektive Voraussetzung: die gesamtgesellschaftliche Verfügungsgewalt über Produktionsmittel

7. Objektiv-subjektive Voraussetzung und Folge: die klassen- und staatenlose Weltgemeinschaft

III. Inkonsequenzen auf einem richtigen Weg

1. GIK, Grundprinzipien kommunistischer Produktion und Verteilung

2. Guenther Sandleben, Gesellschaft nach dem Geld

Geldfetischismus

Die verdinglichte menschlich-gesellschaftliche Ware-Geld-Beziehung produziert notwendigerweise ein falsches Bewusstsein, den Geldfetischismus. Das tote Ding Geld bekommt in der Ideologie der Marktsubjekte – und auch ProletarierInnen sind als VermieterInnen ihrer Arbeitskraft und als KäuferInnen von Lebensmitteln kleinbürgerliche Marktsubjekte – eine lebendige Gestalt. Es bekommt Eigenschaften von lebendigen Menschen angedichtet. Dieser Geldfetischismus kommt auch in Alltagssprüchen zum Ausdruck. Zum Beispiel in diesem: „Geld regiert die Welt.“ Geld kann nicht regieren. Es sind kapitalistische GeldbesitzerInnen, die die Welt regieren, aber nicht das tote Ding Geld. Es ist der menschliche Besitz des Geldes, die Macht demonstriert. Die Macht, sich Arbeitskräfte zu mieten, Prostituierte sexuell zu benutzen oder sich Regierungsentscheidungen zu kaufen. Es sind die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen in einer kapitalistischen Warengesellschaft, die dem toten Ding Geld eine solche Macht verleihen. Und auch kapitalistische GeldbesitzerInnen werden von der Ware-Geld-Beziehung und deren Krisen mehr beherrscht, als dass sie umgekehrt die Ware-Geld-Beziehung beherrschen.

„Geld muss arbeiten!“ lautet eine Weisheit der kapitalistischen Warenproduktion. Sie ist durch und durch falsches Bewusstsein, wie sie aber notwendigerweise von der verdinglichten menschlich-gesellschaftlichen Ware-Geld-Beziehung produziert wird. Geld kann nicht arbeiten. Es sind produktionsmittelbesitzende KleinbürgerInnen und Lohnabhängige, die materiell-praktisch Waren und warenförmige Dienstleistungen produzieren, deren Verkauf dann das Geld vermehrt. In der kapitalistischen Warenproduktion vermehren die ProletarierInnen durch ihre Lohnarbeit das Geld der Bourgeoisie. „Geld muss arbeiten“ lenkt von der Ausbeutung des proletarischen Menschen durch die menschlichen Produktionsmittel- und GeldbesitzerInnen ab. „Arbeitendes“ beziehungsweise „sich vermehrendes Geld“ ist die Umwandlung des Geldkapitals in menschliches produktives Kapital, das dann für die Bourgeoisie noch mehr Geld produziert. Die wirkliche Produktivität der LohnarbeiterInnen wird durch den Geldfetischismus zur scheinbaren Produktivität des Kapitals beziehungsweise der Bourgeoisie. Dies wird auch durch die Bezeichnung „kapitalistische WarenproduzentInnen“ für KapitalistInnen deutlich. Doch KapitalistInnen produzieren keine Waren, sondern lassen diese von ihren Lohnabhängigen produzieren und verkaufen. Der positive Geldfetischismus, der in dem Satz „Geld muss arbeiten“ so „wunderbar“ zum Ausdruck kommt, verschleiert also die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit.

Zum negativen Geldfetischismus neigen dagegen weltweit Millionen ProletarierInnen, die am Ende des Geldes noch so viel Monat übrighaben. Die nicht wissen, wie sie die wichtigsten Dinge bezahlen sollen und deshalb nachts nicht schlafen können. Viele fluchen dann laut oder leise: „Scheiß Geld!“. Doch es ist nicht das tote Ding Geld, was sie bedrückt, es sind die verdinglichten menschlich-gesellschaftlichen Verhältnisse, die sie dazu sozialökonomisch zwingen, ihre Arbeitskraft gegen Geld zu vermieten, um sich dafür dann die notwendigsten Lebensmittel zu kaufen. Es ist die kapitalistische Produktionsweise, die die grenzenlose Vermehrung des Geldes zum Hauptzweck des ganzen Geschehens macht. Deren Tendenz dafür ProletarierInnen überauszubeuten, so dass deren biosoziale Reproduktion gefährdet ist. So dass diejenigen, die ganz viel Geld für die Bourgeoisie produzieren, in der Regel relativ – und nicht gerade selten auch absolut – wenig selbst davon haben. Der Fluch „Verdammtes Geld!“ lenkt von den Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Warenproduktion nicht weniger ab wie der positive Geldfetischismus.

Der negative Geldfetischismus reagiert sich wütend und hasserfüllt am Geld ab, während die anderen politökonomischen Kategorien der bürgerlichen Gesellschaft bejaht und begrüßt werden. So ist es bei vielen linken und rechten IdeologInnen gang und gebe die „Realwirtschaft“ – also die kapitalistische Warenproduktion – gegen die böse Finanz- und Bankenwelt auszuspielen. Als ob nicht die ganze „Realwirtschaft“ notwendig vom Ziel befeuert würde, das Geld grenzenlos zu vermehren. Wer zwischen Banken und der „Realwirtschaft“ als zwischen „böse“ und „gut“ unterscheidet, ist objektiv ein/e Demagoge/in.

Der negative Geldfetischismus wird von den untereinander konkurrierenden Marktsubjekten – einschließlich der ProletarierInnen – gegenseitig moralisierend als ethischer Überbau des Konkurrenzkampfes in Stellung gebracht. Die jeweils anderen denken nur an das Geld! So kann die sozialökonomische Tatsache, dass fast alle Menschen im Kapitalismus die verdinglichte Ware-Geld-Beziehung leben und gezwungenermaßen ihr Leben, Tun, Denken und Fühlen mehr oder weniger vom Geld bestimmt ist, ausgeblendet, von sich selbst als Marktsubjekt abgelenkt und moralisierend-gehässig auf die jeweils anderen gelenkt werden. Der negative Geldfetischismus verband sich mit dem Antijudaismus und richtete sich mörderisch-hasserfüllt gegen „die Geldjuden“. Die kleinbürgerliche und kapitalistische Warenproduktion badete sich in Judenblut, wodurch auch „arische“ KleinbürgerInnen und Bourgeois ihr Geld auf Kosten der jüdischen Konkurrenz vermehren konnten.

Für die Nazis waren die Juden eine geldgierige „Rasse“. Hier ein Zitat von Hitler, welches das ziemlich gut veranschaulicht. So schrieb er am 16. September 1919: „Der Antisemitismus als politische Bewegung darf nicht und kann nicht bestimmt werden durch Momente des Gefühls, sondern durch die Erkenntnisse von Tatsachen. Tatsachen aber sind: Zunächst ist das Judentum unbedingt Rasse und nicht Religionsgemeinschaft. Und der Jude selbst bezeichnet sich nie als jüdischen Deutschen, jüdischen Polen oder etwa jüdischen Amerikaner, sondern stets als deutschen, polnischen oder amerikanischen Juden. Noch nie hat der Jude von fremden Völkern, in deren Mitte er lebt, viel mehr angenommen als die Sprache. Und damit ergibt sich die Tatsache, dass zwischen uns eine nichtdeutsche, fremde Rasse lebt, nicht gewillt und auch nicht imstande, ihre Rasseneigenarten zu opfern, ihr eigenes Fühlen, Denken und Streben zu verleugnen, und die dennoch politisch die gleichen Rechte besitzt wie wir selber. Bewegt sich schon das Gefühl des Juden im rein Materiellen, so noch mehr sein Denken und Streben. Der Tanz ums Goldene Kalb wird zum erbarmungslosen Kampf um alle jene Güter, die nach unserem inneren Gefühl nicht die höchsten und einzig erstrebenswerten auf dieser Erde sein sollen.

Sein Mittel zum Kampf ist jene öffentliche Meinung, die nie ausgedrückt wird durch die Presse, wohl aber immer durch sie geführt und gefälscht wird. Seine Macht ist die Macht des Geldes, dass sich in Form des Zinses in seinen Händen mühe- und endlos vermehrt, und den Völkern jenes gefährlichste Joch aufzwingt, dass sie seines anfänglichen goldenen Schimmers wegen so schwer in seinen späteren traurigen Folgen zu erkennen vermögen. Alles was Menschen zu Höherem streben lässt, sei es Religion, Sozialismus, Demokratie, es ist ihm alles nur Mittel zum Zweck, Geld- und Herrschgier zu befriedigen. Sein Wirken wird in seinen Folgen zur Rassentuberkulose der Völker.“

Hier sehen wir deutlich, wie der Kleinbürger Hitler den negativen Geldfetischismus mit der „wissenschaftlichen Rassenlehre“ verknüpfte. Die eigene kleinbürgerliche Konzentration auf das Geld wurde auf die „anderen“, die Juden und Jüdinnen, projiziert und diese Objekte der eigenen Projektion fanatisch bekämpft. Nun ja, indem die Nazis 1933 von der Mehrheit der deutschen Bourgeoisie als ihre offiziellen Folterknechte und Mordbuben gemietet wurden, konnten nicht wenige Nazibonzen ihre Taschen mit Geld füllen. Durch die „Arisierung der deutschen Wirtschaft“ konnten „arische“ KapitalistInnen auf Kosten der enteigneten jüdischen Bourgeoisie ihr Geld vermehren. Negativer Geldfetischismus als Moment des Konkurrenzkampfes im Rahmen der Geldvermehrung.

…..

Der Wirtschaftsliberale Silvio Gesell hatte nichts gegen die kapitalistische Warenproduktion an sich, als negativer Geldfetischist reagierte er sich am zinstragenden Bankkapital ab. Als ArbeiterInnen galten ihm fast alle Klassen und Schichten der kapitalistischen Gesellschaft, von den KönigInnen bis zu den HilfsarbeiterInnen – nur die von Kapitalzinsen Lebenden galten ihm als SchmarotzerInnen. Das war die alte Gegenüberstellung des „produktiven“ Kapitals, das in der Industrie und im Handel angelegt war, gegen das „schmarotzende“ zinstragende Kapital. Diese Ideologie, die nicht nur von Gesell produziert wurde, unterschlägt, dass im Kapitalismus nur das Proletariat und das KleinbürgerInnentum produktiv sind. Erstere vermehrt durch dessen Arbeit das Kapital der Bourgeoisie. Der Zins, von dem einige Angehörige der Bourgeoisie leben, ist lediglich ein Teil des Mehrwertes, der durch die Ausbeutung des Proletariats entsteht. Auch unterschlug Gesell, dass es auch dem Industrie- und Handelskapital um die Vermehrung des Tauschwertes, also des Geldes, geht. Gießkannen, Panzer und pazifistische Bücher werden nur hergestellt, wenn ihre Produktion und Verkauf den KapitalistInnen mehr einbringen als das ganze kostet. Allerdings verband Gesell seinen negativen Geldfetischismus nicht mit dem Antijudaismus, er stellte also das zinstragende Kapital nicht als „jüdisches“ dar. Total reaktionär war seine Ideologie trotzdem, weil sie die Quelle des kapitalistischen Geldreichtums, die Ausbeutung des Proletariats im Produktionsprozess, verdunkelte. Gesell war also ein Freund der kapitalistischen Warenproduktion und ein negativer Geldfetischist. Er kam auf die Idee ein „Schwundgeld“ oder „Knochengeld“ zu schaffen, das Geld sollte also aus einem Material geschaffen werden, das seine Substanz verlieren würde und deshalb nicht gehortet werden könnte.

Auch der kommunistische Anarchist Erich Mühsam (siehe Kapitel I.5 der Schrift Praktisch-geistige Reproduktion oder revolutionäre Aufhebung des Tauschwertes) triftete teilweise in negativen Geldfetischismus ab. Er schrieb über die Geldtheorie von Gesell: „…seine Geldtheorie dagegen scheint berufen, nicht, wie er annahm das Wirtschaftsregulativ der freiheitlichen Gesellschaft zu werden, wohl aber das Übergangsverfahren vom kapitalistischen Währungssystem zum geldlosen Kommunismus zu ermöglichen.“ (Erich Mühsam, Ein Wegbahner. Nachruf zum Tode Gesells 1930, in: Klaus Schmitt (Hg.), Silvio Gesell. Marx der Anarchisten? Texte zur Befreiung der Marktwirtschaft vom Kapitalismus und der Kinder und Mütter vom patriarchalischen Bodenunrecht,Karin Kramer Verlag, Berlin 1989, S. 297.) Der letzte Satz ist natürlich Unsinn. Mühsam zeigt sich hier als negativer Geldfetischist, der sich am Ding Geld abreagiert, anstatt darüber nachzudenken wie die verdinglichten Tauschverhältnisse der Warenproduktion, also die Ware-Geld-Beziehungen durch eine klassen- und staatenlose gesamtgesellschaftliche Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel aufgehoben werden kann (siehe Kapitel II.6 des Textes Praktisch-geistige Reproduktion oder revolutionäre Aufhebung des Tauschwertes).

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