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Moskau gegen die „Ultralinken“

Einer der Bedeutendsten „Ultralinken“ Anton Pannekoek 1906-1910 in Berlin

Wir veröffentlichen hier einen Auszug aus der Broschüre „Schriften zur russischen Revolution (1917-1921)“ über den Kampf der Bolschewiki gegen sogenannten Ultralinken. Die Broschüre könnt Ihr für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

Moskau gegen die „Ultralinken“

So wie der bolschewistische Staatsstreich in Russland im Oktober 1917 sich anfänglich auf proletarische Illusionen stützen konnte, waren am Anfang subjektiv revolutionäre ProletarierInnen und Intellektuelle im Privatkapitalismus Verbündete des russischen Bolschewismus und Mitglieder der nationalen Sektionen der „Kommunistischen“ Internationale. Doch die „Kommunistische“ Internationale war objektiv sozialreaktionär. Die Radikalisierung sozialrevolutionärer Intellektueller und ProletarierInnen des Westens musste im Laufe der Zeit zu Konflikten mit Moskau – dem selbsternannten Zentrum der „Weltrevolution“ – führen.
Denn die Kominternführung in Moskau machte die bolschewistische Politik zum Vorbild aller Sektionen. Im Text Klassenkämpfe in Sowjetrussland haben wir ausführlich analysiert, dass die bolschewistische Politik vor der Schaffung des staatskapitalistischen Regimes aus einer Mischung aus parlamentarischen und gewerkschaftlichen Sozialreformismus und einem Staatsstreich mit anfänglicher proletarischer und kleinbäuerlicher Massenbasis bestand. An der bolschewistischen Politik war nichts sozialrevolutionär und konnte es auch nicht sein, weil sozialrevolutionäre Positionen objektiv nur antipolitisch sein können. Doch die bolschewistische Politik war erfolgreich für den Apparat der Partei. Es gelang ihn den Staatsapparat zu erobern und schließlich mit diesem zu verschmelzen. Die bolschewistische Politik war deshalb erfolgreich, weil die Bourgeoisie, der Parlamentarismus und die kleinbürgerliche Demokratie (Menschewiki und „SozialrevolutionärInnen“) in Russland schwach waren. So konnte die bolschewistische Partei an parlamentarischen Wahlen teilnehmen – und dann bei der Errichtung der staatskapitalistischen Parteidiktatur die parlamentarische Demokratie liquidieren. Sie konnte vor der Machtergreifung mit Menschewiki und „SozialrevolutionärInnen“ eine „technische Einheitsfront“ gegen den Kornilowputsch bilden –und nach dem BürgerInnenkrieg beide Parteien verbieten.
Doch im privatkapitalistischen Westen waren die Bourgeoisie, der Parlamentarismus und die Sozialdemokratie stark. Die Kominternführung verlangte schon unter Lenin und Trotzki von den ausländischen KommunistInnen Einheitsfronten mit der offen konterrevolutionären Sozialdemokratie. Doch die kleinen „Kommunistischen“ Parteien des Westens schwächten sich durch solche Einheitsfronten –und stärkten die Sozialdemokratie, indem sie die proletarischen Illusionen in diese verstärkten. Im Westen war der demokratische Parlamentarismus so stark, dass die „taktische“ Beteiligung von „Kommunistischen“ Parteien an Parlamentswahlen die Demokratie weiter stärkte –die dann auch nicht durch die Taktik des Staatstreiches zu stürzen war. Die Gewerkschaften waren im westlichen Privatkapitalismus starke konterrevolutionäre Apparate, die gerade in der Periode des Ersten Weltkrieges und der revolutionären Nachkriegskrise in Westeuropa zu Co-Managerinnen der kapitalistischen Ausbeutung wurden. Doch die Moskauer Führung der „Kommunistischen“ Internationale verlangte von den westeuropäischen KommunistInnen den Kampf innerhalb der Gewerkschaftsbürokratie um Einfluss. Mit einem Satz: die bolschewistische Taktik, welche in Russland wegen der Schwäche der dortigen Bourgeoisie aufging, scheiterte im privatkapitalistischen Westen an der Stärke der Bourgeoisie.
Dort konnte und kann nur der selbstorganisierte revolutionäre Klassenkampf des Proletariats die Bourgeoisie besiegen. Doch „kommunistische“ ParteipolitikerInnen haben wie alle anderen auch kein Interesse an der revolutionären Selbstorganisation des Proletariats. So setzten sie in ihren Parteien eine sozialreaktionäre bürokratische Disziplin durch. Dieser Disziplin fielen in den „kommunistischen“ Parteien des Westens viele subjektiv ehrliche sozialrevolutionäre ProletarierInnen und Intellektuelle zum Opfer.
So setzte auf dem Gründungsparteitag der KPD im Dezember 1918 die revolutionäre Mehrheit der Parteitagsdelegierten gegen die BerufspolitikerInnen –unter ihnen Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg –, welche der KPD eine Teilnahme an Parlamentswahlen zumuten wollten, antiparlamentarische Positionen durch. Auch entwickelten sich in Deutschland in Form der Industrieunionen klassenkämpferisch-sozialrevolutionäre Alternativen zu den Gewerkschaften. Diese Industrieunionen waren gegen den Tarifschacher mit der Bourgeoisie und bekämpften die sozialpartnerschaftlichen Betriebsräte. Viele überzeugte proletarische RevolutionärInnen, die zum Teil – noch! – Mitglieder der KPD waren, waren in diesen Unionen aktiv.
Moskau und deutsche „kommunistische“ BürokratInnen beteiligten sich in Deutschland an der reaktionären Hetze gegen revolutionäre ProletarierInnen und Intellektuelle – und schlossen sie im September 1919 aus der KPD aus. Die „Kommunistische“ Internationale hatte die KPD in eine „K“PD verwandelt. Um nicht missverstanden zu werden: es kann keine kommunistischen Parteien geben, weil Parteien Organisationsformen der bürgerlichen Politik sind. Aber in der jungen KPD waren viele sozialrevolutionäre ArbeiterInnen und Intellektuelle aktiv, die ihr am Anfang auch noch teilweise den Stempel aufdrücken konnten. Diese subjektiv ehrlichen revolutionären Kräfte schufen auch 1920 die eng mit den Industrieunionen verbundene Kommunistische Arbeiter-Partei Deutschlands. Diese Partei war antigewerkschaftlich, antiparlamentarisch und antinational statt nur internationalistisch. Selbstverständlich lehnte sie auch Einheitsfronten mit der konterrevolutionären Sozialdemokratie ab. Auch in Holland entstand eine solche Partei, die KAPN. Führende Theoretiker der KAPen wurden Herman Gorter und Anton Pannekoek. Letztere entwickelte sich zu einem wichtigen Theoretiker des Rätekommunismus, der sich im Verlauf seiner Entwicklung ganz vom Parteimarxismus freimachte. Die RätekommunistInnen in Deutschland um Pfemfert und Otto Rühle trennten sich schon im Oktober 1920 wieder von der KAPD, weil sie erkannt hatten, dass Parteien objektiv nicht sozialrevolutionär sein konnten. Rühle war auch der erste scharfe revolutionär-marxistische Kritiker des staatskapitalistischen Sowjetrusslands im Westen. Diese Kritik ging damals auch Pannekoek zu weit – aber er übernahm diese Kritik schließlich.
Den Bruch mit Moskau vollzogen also die sozialrevolutionären ProletarierInnen und Intellektuellen des Westens zuerst über die Ablehnung der Taktik der „Kommunistischen“ Internationale im Privatkapitalismus, gingen dann aber auch zur Kritik des Staatskapitalismus in Sowjetrussland/der UdSSR und des Leninismus über. Lenin selbst schrieb im April/Mai 1920 gegen die SozialrevolutionärInnen des Westens sein konterrevolutionäres Buch Der „linke Radikalismus“, die Kinderkrankheit im Kommunismus.

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